Studie zu geflüchteten Frauen in der Ausbildung

Fast 600.000 Frauen haben zwischen 2015 und 2019 in Deutschland Asyl beantragt. Über ein Drittel war im ausbildungsfähigen Alter. 67 Prozent der geflüchteten Frauen im erwerbsfähigen Alter gaben an, in Deutschland eine Berufsausbildung oder einen Hochschulabschluss erwerben zu wollen. Doch nur sehr wenige beginnen tatsächlich eine Ausbildung. Woran liegt das? Damit befasst sich eine Studie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

Diese untersuchte die Rolle von Geschlechternormen beim Übergang in die Berufsausbildung. Dabei kamen folgende zentrale Ergebnisse zustande:

  • Nur 9 Prozent der befragten Frauen begannen zwischen 2016 und 2020 eine Berufsausbildung.
  • Weder die Einstellung zu Geschlechterrollen, noch das Vorhandensein von Kindern oder häufige Kontakte zu Menschen aus dem Herkunftsland hatten einen signifikanten Einfluss auf den Übergang in eine Ausbildung.
  • Zwar kamen viele geflüchtete Frauen mit eher niedrigen Bildungsabschlüssen und wenig Berufserfahrung in ihren Herkunftsländern nach Deutschland – dies stellte jedoch kein wesentliches Hindernis für ihre Integration in das deutsche Berufsbildungssystem dar, das als sehr offen gilt auch für Menschen mit niedrigen Bildungsabschlüssen.
  • Der einzige signifikante Einflussfaktor war das Vorhandensein eines Partners: Geflüchtete Frauen mit Partner hatten eine um rund 60 Prozent geringere Wahrscheinlichkeit, eine Ausbildung zu beginnen, als geflüchtete Frauen ohne Partner.

Der starke negative Zusammenhang zwischen dem Beziehungsstatus der Frauen und ihren Ausbildungschancen könnte darauf hindeuten, dass Partner sozialen Druck auf die Frauen ausüben, sich an traditionellen Geschlechterrollen zu halten. Die eigenen Einstellungen der Frauen treten dadurch möglicherweise in den Hintergrund. Denkbar ist jedoch laut Studie auch, dass die verwendeten Items zur Erfassung von Geschlechternormen zu abstrakt gewesen sein könnten, um die tatsächlichen Lebensstilpräferenzen der Frauen abzubilden. Hier besteht weiterer Forschungsbedarf.

Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass die Partnerschaft ein entscheidender Faktor für die Ausbildungsentscheidungen geflüchteter Frauen sein kann – deutlich stärker als das Vorhandensein von Kindern, das bislang in vielen Studien im Fokus stand. Die Rolle des Partners sollte daher stärker in zukünftige Erklärungsmodelle einbezogen werden. Auch sollte erforscht werden, wie der negative Einfluss von Partnerschaften auf die Ausbildungschancen reduziert werden kann.

Als ermutigend wird das Ergebnis gewertet, dass niedrige Bildungsabschlüsse und geringe Berufserfahrung im Herkunftsland keine gravierenden Hürden für den Einstieg in das deutsche Berufsbildungssystem darstellen. Aufbauend auf dieser Erkenntnis könnten zukünftige Studien untersuchen, inwieweit – und vor allem welche – Investitionen in berufsbildungspolitische Maßnahmen die Integration geflüchteter Frauen fördern können.

Die Studie finden Sie hier.

Quelle: www.klischee-frei.de

 

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