Mit dem Teilhabechancengesetz (THCG) wurden zu Jahresbeginn 2019 zwei neue Lohnkostenzuschüsse für Langzeitarbeitslose in der Grundsicherung für Arbeitssuchende eingeführt:
- Das Instrument „Teilhabe am Arbeitsmarkt“, kurz TaAM (§ 16i SGB II), richtet sich an Personen, die in den letzten sieben Jahren mindestens sechs Jahre lang Leistungen bezogen haben und höchstens kurzzeitig erwerbstätig waren. Für zwei Jahre erhalten Arbeitgeber eine Förderung von 100 Prozent der Lohnkosten. Danach wird der Zuschuss pro Jahr um 10 Prozent gekürzt – bis zu einer Gesamtförderdauer von fünf Jahren.
- Das Instrument „Eingliederung von Langzeitarbeitslosen“, kurz EVL (§ 16e SGB II), betrifft Leistungsberechtigte, die seit mindestens zwei Jahren arbeitslos sind. Arbeitgeber erhalten ebenfalls einen Lohnkostenzuschuss. Dieser beträgt im ersten Jahr 75 Prozent, im zweiten Jahr 50 Prozent der Lohnkosten.
Die IAB-Begleitforschung zum THCG zeigt, dass bestimmte Leistungsberechtigte schlechtere Zugangschancen haben: Neben Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit und solchen ohne Berufsabschluss sind in der Gruppe der Geförderten insbesondere Frauen unterrepräsentiert.
Dies betrifft vor allem das Förderinstrument EVL. Geschlechterunterschiede zeigen sich aber auch bei TaAM: Frauen, die mithilfe dieses Instruments gefördert werden, arbeiten im Schnitt etwa fünf Stunden weniger pro Woche als männliche Geförderte. Sie verdienen zudem im Durchschnitt 3,5 Prozent pro Stunde weniger, womit die potenzielle Lohndiskriminierung von Frauen immerhin deutlich geringer ist als auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, so Mustafa Coban und Martin Friedrich in ihrem 2023 erschienenen Beitrag für das IAB-Forum.
Kein neues Phänomen
Der relativ geringe Anteil von Frauen in geförderter Beschäftigung ist keineswegs ein neues Phänomen. Gerade deswegen ist es wichtig, die möglichen Ursachen zu ergründen, die zu geschlechtsspezifisch ungleich verteilten Partizipationschancen auch beim THCG führen.
Näheren Aufschluss gibt eine Implementationsstudie des IAB zum THCG, aus der im Folgenden ausgewählte Ergebnisse vorgestellt werden. Für dieses Projekt wurden 23 qualitative Kurz- und vier Intensivfallstudien durchgeführt. Dabei zeigen sich unterschiedliche Faktoren, die eine geschlechtsspezifische Zuweisungspraxis in den Jobcentern begünstigen können.
Diese Faktoren lassen sich auf verschiedenen Ebenen verorten. Denn eine geförderte Beschäftigung kommt nur zustande, wenn Geförderte, Jobcenter und Betriebe sich darauf verständigt haben. Bei allen drei Akteuren lassen sich Faktoren identifizieren, die dazu beitragen, dass die Beschäftigungsförderung Geschlechterungleichheiten aufweist.
Zugleich findet die Beschäftigungsförderung vor dem Hintergrund einer Gesellschaftsordnung statt, für die die Trennung von bezahlter Erwerbs- und unbezahlter Sorgearbeit konstitutiv ist und in der Sorgearbeit nach wie vor überwiegend von Frauen geleistet wird. Damit geht eine strukturelle Benachteiligung von Frauen als sozialer Gruppe einher: potenziell eingeschränkte Teilhabe am Arbeitsmarkt, schlechtere Bezahlung insbesondere in von Frauen dominierten Tätigkeitsbereichen, ökonomische Abhängigkeit von erwerbstätigen (Ehe-)Partnern.
Den gesamten Text finden Sie im IAB-Forum.