Frauen üben seltener Tätigkeiten mit hohen Anforderungsniveau aus

Frauen verdienen in Deutschland nach wie vor deutlich weniger als Männer. Ein Grund ist, dass Frauen in gut bezahlten Führungspositionen unterrepräsentiert sind. Aber nicht nur auf der obersten Führungsebene zeigen sich Geschlechterunterschiede. Frauen gehen auch häufiger als Männer Tätigkeiten mit einem niedrigeren Anforderungsniveau nach.

Dies zeigt etwa ein Blick auf die vier Anforderungsniveaus aus der Klassifikation der Berufe 2010. Dort sind berufliche Tätigkeiten entsprechend ihrer Qualifikationsanforderungen in (1) Helfer, (2) Fachkräfte, (3) Spezialisten und (4) Experten gegliedert.

Der Wechsel von einem tieferen Anforderungsniveau in ein höheres wird im Folgenden als formaler Aufstieg bezeichnet. Er umfasst deutlich mehr als nur Beförderungen, da er meist mit einer Komplexitätssteigerung der Tätigkeiten einhergeht, welche die Karriere entscheidend voranbringen und mit einem höheren Lohn verbunden sein kann. Allerdings lassen sich Aufstiege innerhalb einzelner Anforderungsniveaus, wie die Übernahme von Personalverantwortung, innerhalb eines einzelnen Berufs damit nicht erfassen.

Auswertungen für das Jahr 2021 basierend auf den Daten der Integrierten Erwerbsstichprobe (IEB) zeigen, dass in Deutschland mehr als die Hälfte aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, nämlich fast 57 Prozent, in fachlich ausgerichteten Tätigkeiten arbeitete. 16 Prozent übten Helfer- und Anlerntätigkeiten aus und jeweils knapp 14 Prozent gingen Spezialisten- oder Expertentätigkeiten nach.

Bei der Verteilung auf die einzelnen Anforderungsniveaus zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern. So arbeiteten 17 Prozent der Frauen in Helfer- und Anlerntätigkeiten, bei den Männern waren es 15 Prozent. Auch bei den Fachkrafttätigkeiten waren Frauen mit 59 Prozent gegenüber Männern mit 55 Prozent überrepräsentiert. Entsprechend seltener waren Frauen in der Arbeitswelt in komplexen oder hochkomplexen Tätigkeiten beschäftigt. So übte fast jeder dritte Mann, aber nur jede vierte Frau eine Spezialisten- oder Expertentätigkeit aus.

Berufswahl ist nach wie vor entscheidend

Aber warum besetzen Frauen seltener als Männer Positionen mit einem hohen Anforderungsniveau? Einer der entscheidenden Faktoren könnte die unterschiedliche Berufswahl von Frauen und Männern sein – ein Phänomen, das auch als berufliche Geschlechtersegregation bezeichnet wird. So zeigten bereits Ann-Christin Hausmann und Corinna Kleinert im IAB-Kurzbericht 9/2014, dass sich auf dem deutschen Arbeitsmarkt viele Berufe finden, die seit Jahrzehnten konstant von einem Geschlecht dominiert werden.

Von einem frauendominierten Beruf wird in Anlehnung an Heike Trappes Beitrag aus dem Jahr 2006 gesprochen, wenn der Frauenanteil in einem Beruf 70 Prozent übersteigt. Liegt er hingegen unter 30 Prozent, wird von einem männerdominierten Beruf gesprochen. Bei einem Frauenanteil zwischen 30 und 70 Prozent wird der Beruf als geschlechtergemischt – oder kurz Mischberuf – bezeichnet.

Typische frauendominierte Berufe sind beispielsweise „Medizinische Fachangestellte“ oder auch „Maskenbildner*innen“ mit Frauenanteilen von über 90 Prozent. Berufe mit sehr geringen Frauenanteilen sind beispielsweise „Fahrzeugführer*innen“ oder „Automatisierungstechniker*innen“. Im Bereich der Mischberufe finden sich zum Beispiel „Kaufleute im Handel“ oder auch „Ärzt*innen“.

Viele Experten in männerdominierten Berufen

Entscheidend ist an dieser Stelle, dass sich die Verteilung auf die Anforderungsniveaus deutlich zwischen männerdominierten, frauendominierten und geschlechtergemischten Berufen unterscheidet. So ist der Anteil an Fachkräften in männerdominierten Berufen über 12 Prozentpunkte niedriger als in frauendominierten Berufen.

Gleichzeitig sind in männerdominierten Berufen jeweils 14 Prozent der Beschäftigten als Spezialist oder als Experte zu verorten, während dies nur auf knapp 11 beziehungsweise 7 Prozent der Beschäftigten in frauendominierten Berufen zutrifft. Beschäftigte in frauendominierten Berufen haben also deutlich seltener komplexe und damit entsprechend entlohnte Positionen inne als Beschäftigte in männerdominierten Berufen.

Die größten Anteile an Spezialisten-Tätigkeiten (16,6 %) und Experten-Tätigkeiten (24,3 %) gibt es in Mischberufen. Zugleich haben 38 Prozent der in Mischberufen beschäftigten Frauen eine dieser beiden komplexeren Positionen inne. Dieser Anteil liegt zwar unter dem der männlichen Spezialisten und Experten in Mischberufen (zusammen 45 %), aber deutlich über dem Anteil der weiblichen Spezialisten und Experten in frauendominierten Berufen, die zusammen nur gut 16 Prozent ausmachen.

Besonders bemerkenswert: 35,3 Prozent der weiblichen Beschäftigten in männerdominierten Berufen arbeiten als Spezialistinnen oder Expertinnen. Bei den männlichen Beschäftigten in männerdominierten Berufen sind es 8 Prozentpunkte weniger.

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