Die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen und deren Überwindung sind schon länger Gegenstand intensiver politischer und gesellschaftlicher Debatten. Im Fokus steht dabei häufig die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern. Für Stundenlöhne betrug sie im Jahr 2022 laut Statistischem Bundesamt unbereinigt, also ohne Berücksichtigung der Unterschiede in entlohnungsrelevanten Faktoren, etwa 18 Prozent.
Dieser Durchschnittswert kaschiert jedoch die erheblichen Unterschiede in der geschlechtsspezifischen Lohnungleichheit zwischen verschiedenen sozio-ökonomischen Gruppen. Hier lohnt unter anderem ein Blick auf die Gruppe der Spitzenverdienenden. Sie werden im Folgenden definiert als Personen und Haushalte mit einem monatlichen Nettoeinkommen (aus allen Quellen) von mindestens 5.500 beziehungsweise 7.500 Euro. Gerade diese Gruppe befindet sich häufig in gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Schlüsselpositionen – mit entsprechend weitreichenden Gestaltungsmöglichkeiten.
So haben Martin Gilens und Benjamin J. Page in einer 2014 erschienenen Studie gezeigt, dass die Präferenzen ökonomischer Eliten in den USA die dortige Politik maßgeblich beeinflussen. Dies dürfte in Deutschland nicht grundsätzlich anders sein. So betrachtet, spiegelt auch die Debatte um die Einführung einer Frauenquote für Vorstände und Aufsichtsräte von börsennotierten Unternehmen, wo Frauen bislang stark unterrepräsentiert sind, die hohe gesellschaftliche Relevanz dieser Gruppe wider. Dass Frauen an der Spitze der Einkommenspyramide die Ausnahme sind, zeigt auch eine aktuelle Studie des Autors dieses Beitrags, deren Ergebnisse hier zusammengefasst werden.
Nur ein Bruchteil der Topverdienenden sind Frauen
Die Studie nutzt Daten des Mikrozensus von 2006 bis 2016. Der Mikrozensus ist eine Befragung deutscher Haushalte, der jährlich vom Statischen Bundesamt erhoben wird. Er sammelt Informationen zu Haushalten und Haushaltsmitgliedern, unter anderem (in Kategorien) zu individuellen Nettoeinkommen und zu Haushaltsnettoeinkommen. Die Gruppe, die zunächst betrachtet wird, sind Personen, die netto über 5.500 Euro (nominal) monatlich verdienen. Sie gehörten im Zeitraum von 2006 bis 2016 zu den oberen 1,4 Prozent der Einkommensbezieher*innen in Deutschland und können somit als die „ökonomische Elite“ betrachtet werden (dieser Anteil schwankt, da die Einkommen nur nominal vorliegen, zwischen etwa 1 Prozent 2006 und 1,9 Prozent in 2016).
Unter denjenigen, die mehr als 5.500 Euro netto im Monat verdienen, waren im Untersuchungszeitraum nur etwa 12 bis 14 Prozent Frauen (siehe Abbildung 1). Sie sind also im obersten Einkommenssegment stark unterrepräsentiert. Die Tatsache, dass der Anteil der Frauen über die Zeit praktisch unverändert geblieben ist, deutet darauf hin, dass Frauen unter den Topverdienenden auch heute die Ausnahme sein dürften.
Bildung und Selbstständigkeit erhöhen die Wahrscheinlichkeit, zu den Topverdienenden zu gehören
Vor allem ein hohes Bildungsniveau und berufliche Selbstständigkeit scheinen den Aufstieg in die Gruppe der Topverdienenden zu begünstigen: So haben je 17 Prozent der Frauen und Männer, die zu den Topverdienern gehören, einen Doktortitel, während der Anteil der Promovierten bei Personen mit niedrigeren Einkommen nur 1 Prozent beträgt.
44 Prozent der Frauen und 42 Prozent der Männer im obersten Einkommenssegment sind selbstständig, während das nur bei 8 Prozent der Männer und 4 Prozent der Frauen im niedrigeren Einkommensbereich der Fall ist. Zudem sind 67 Prozent der Frauen und 74 Prozent der Männer mit sehr hohen Einkommen Führungs- oder Aufsichtskräfte, also Personen mit Weisungsbefugnis. In den anderen Einkommensbereichen trifft das nur auf 14 Prozent der Frauen und 27 Prozent der Männer zu.
Insgesamt zeigt sich also, dass Frauen unter den Topverdienenden deutlich unterrepräsentiert sind und sich hier keine Trendumkehr abzeichnet. Die Charakteristika, die mit hohem Einkommen korrelieren, sind für Männer und Frauen jedoch die gleichen.
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